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Zusammenfassung Heft 45


Freiburger Bodenkundliche Abhandlungen

Schriftenreihe des
Instituts für Bodenkunde und Waldernährungslehre

der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br.
Schriftleitung: P. Trüby

Heft 45

Friderike Oehler

Key factors determining the distribution of fungual hyphae in forest soils




Freiburg im Breisgau 2006

ISSN 0344-2691

Zusammenfassung:

Die natürliche Versauerung von mitteleuropäischen Böden auf basenarmem, silikatischem Ausgangsgestein ist in den vergangenen Jahrzehnten durch anthropogene Protoneneinträge zusätzlich vorangetrieben worden. Aufgrund hoher Niederschläge besonders betroffen sind die Mittelgebirge, deren Böden dadurch meist stark reduzierte effektive Kationenaustauschkapazitäten und sehr geringe Basensättigungen aufweisen. Trotz der damit einhergehenden Verarmung an Nährelementen blieb das in den 80er Jahren vorhergesagte flächenhafte Waldsterben bisher aus. Die Wälder sind wüchsig und weisen selten Mangelerscheinungen auf.

Eine mögliche Erklärung dieses Plausibilitätsdefizits wird im verwitternden Bodenskelett vermutet.
Neuere Untersuchungen weisen kurz- bis mittelfristig verfügbare Nährelementvorräte im Grobboden (> 2 mm) nach, welche durch frühere Analyseverfahren nicht erfasst wurden. Ungeklärt ist, ob und gegebenenfalls wie Waldbäume die Nährelemente in den Grobanteilen der Böden erreichen. Die Bodensteine weisen zwar Verwitterungsklüfte auf, doch sind die Klüfte im allgemeinen so fein, dass Baumwurzeln nicht in sie eindringen können. Hingegen könnten Pilze und Mikroorganismen den verwitternden Grobboden besiedeln und Nährelemente daraus mobilisieren. Beobachtungen in Podsolen borealer Wälder lassen sich sogar dahingehend interpretieren, dass Pilzhyphen aktiv zur Verwitterung des Grobbodens beitragen. Insgesamt könnte also der Grobboden durch die Pilzhyphen wesentlich in Nährstoffkreisläufe des Waldes eingebunden sein. Diese Hypothese wird in der vorliegenden Arbeit überprüft, indem die räumliche Verteilung der Pilzhyphen in Beziehung zur Bodenstruktur gesetzt wird.

Untersucht wurden zwei Waldstandorte im mittleren Schwarzwald, deren Böden aus periglazialen Fließerden auf feinkörnigem, biotitreichem Paragneis entstanden. Die Böden sind sauer und skelettreich, das Skelett nachweislich reich an verfügbaren Nährkationen. Während der Feinboden des Mischwaldstandorts Conventwald sehr nährelementarm ist, weist der Buchenstandort Haslach eine hohe Basensättigung und Kationenaustauschkapazität im Unterboden auf.
Der Schwerpunkt der Untersuchungen lag bei beiden Standorten auf den wenig erforschten, grobbodenreichen B/C Horizonten in 1.20 m Tiefe. Im Unterboden des nährelementarmen Standorts waren der Grobboden- und Sandanteil besonders hoch.

Aus ungestörten Bodenproben wurden Anschliffpräparate hergestellt und mit Acridine Oran\-ge gefärbt. Zufällige Probeflächen, 1100 * 824 um2 groß, wurden unter dem Epifluoreszenzmi\-kro\-skop mit 50x/0.85 NPL Fluotar Objektiv und angeschlossener Digitalkamera untersucht. Von einer automatisierten Hyphenerkennung auf den Schliffoberflächen musste aufgrund unzu\-reichender farblicher Abhebung der Hyphenquerschnitte abgesehen werden. Auch die Versuche, die Kontraste zum umgebenden Boden mit optischen Aufhellern zu verbessern, schlugen fehl. Die Hyphen wurden daher visuell identifiziert und ihre Koordinaten innerhalb der Probeflächen bestimmt. Desweiteren wurden die Strukturelemente des Bodens mit Hilfe eines Geographischen Informationssystems kategorisiert. Als Strukturelement wurden Poren, Matrixbereiche (< 20 um Korngröße), Feinpartikel (> 20 um) und Grobbodenbestandteile (> 2 mm) ausgewiesen.

Da manche Bodenbestandteile in Form und Farbe den Hyphenquerschnitten glichen, waren die Pilzhyphen oft nicht zweifelsfrei zu erkennen. So konnten hyaline Hyphen mit Ton- bzw. feinen Schluffpartikeln verwechselt werden, während melanine Hyphen teilweise Fe-Mn-Konkretionen ähnelten. Insbesondere waren kleine Hyphen oft nicht eindeutig als solche zu erkennen. Um den daraus entstandenen Fehler einschätzen zu können, wurden alle Hyphen nach der Wahrscheinlichkeit ihrer richtigen Erkennung bewertet. Ein dreistufiges Klassifikationssystem erlaubte es die Daten auszuwerten, indem entweder jede Hyphe entsprechend ihrer Wahrscheinlichkeitsstufe gewichtet wurde oder Szenarien verschiedener Zuverlässigkeit erstellt wurden.

Die Verteilung der Pilzhyphen im ungestörten Boden wurde auf verschiedene Weisen beschrieben. Zunächst wurden die Hyphendichten je mm2 mittels deskriptiver Statistik ausgewertet. Anschließend wurden die räumlichen Muster, die von den Hyphenquerschnitten innerhalb ihrer Beobachtungsfenster (Probeflächen) gebildet werden, mit Methoden der Punkt-Raum-Statistik analysiert. Das Leerheitsmaß und die Paarkorrelationsfunktion zeigten, ob die Hyphen regelmäßig, zufällig oder in Form von Clustern im Boden verteilt sind. Schließlich wurde untersucht, zu welchen Anteilen sich die Hyphen auf die einzelnen Bodenkompartimente verteilen, und ob bestimmte Grenzbereiche zwischen den Strukturelementen möglicherweise bevorzugt besiedelt werden. Dazu wurden Verfahren der ökologischen Landschaftsanalyse auf die Mikroskopbilder angewandt.

Die Ergebnisse zeigten eine starke Abnahme der Hyphendichte mit der Bodentiefe. Während im B und B/C Horizont fast nur hyaline Hyphen auftraten, war das Verhältnis hyaliner zu melaniner Hyphen im A/B Horizont ausgeglichen, und dort traten auch Sklerotien häufig auf. Die mittlere Hyphendichte des B/C Horizonts war am nährelementarmen Standort höher als am nährelementreichen. Die Hyphendichten variierten auf beiden Standorten im Abstand von nur wenigen Millimetern. Hyaline Hyphen wiesen meist kleinere Durchmesser auf als melanine Hyphen.

Die Hyphen lagen in allen Bodenhorizonten in Clustern vor. Eine starke Clusterung wurde für kleine Punktabstandsbereiche von ˜ 50 um beobachtet. Während im B Horizont nur eine schwache Clusterung der Hyphen festgestellt wurde, die vermutlich aus dem Zusammenhang einzelner verzweigter Hyphen entstand, waren die Hyphencluster im B/C Horizont stärker ausgeprägt. Dies konnte hauptsächlich auf den Einfluß der Bodentextur zurückgeführt werden. Bei höheren Anteilen an Sandkörnern und Grobboden aggregierten die Hyphen mehr. Aus demselben Grund waren die Hyphen im B/C Horizont des nährelementarmen Standortes geringfügig stärker geclustert als am nährelementreicheren Standort. Allerdings war dieser Unterschied nicht signifikant.

Die mit höchster Wahrscheinlichkeit korrekt identifizierten Hyphen unterschieden sich deutlich von den Hyphen niedrigerer Wahrscheinlichkeit. Dies ergaben sowohl die Ergebnisse der räumlichen Statistik als auch die Landschaftsanalysen. Die Zusammensetzung der Hyphenumgebungen wurde deshalb nur noch für die sicher erkannten Hyphen dargestellt. Es zeigte sich eine eindeutige Präferenz der Hyphen für Grobporen mit nahen Matrixbereichen im B/C Horizont beider Standorte. Dies war am nährelementreichen Standort besonders ausgeprägt, an dem Fein- und Grobpartikel von Pilzhyphen gemieden wurden. Am nährelementarmen Standort hingegen wurden die Randbereiche von Feinpartikeln durchaus häufig von Hyphen besiedelt. Hyphen grenzten auch oft an Grobpartikel, was jedoch mit dem hohen Anteil dieser Partikel im B/C Horizont des nährelementarmen Standortes erklärt werden konnte. Ein Zusammenhang zwischen der hohen Nährelementverfügbarkeit des Grobbodens und Präferenzen des Hyphenwachstums konnte wegen zu geringer Hyphendichten nicht nachgewiesen werden.

Das oft beschriebene Phänomen des “fungal tunnelling” von primären Mineralen konnte zwar nicht bestätigt werden, jedoch könnten Hyphenspitzen am nährelementarmen Standort nahliegende Grobbodenpartikel durch niedrigmolekulare organische Säuren oberflächlich verwittern. Aufgrund der sehr geringen Hyphendichte im B/C Horizont dürfte dieser Beitrag zur Waldernährung jedoch minimal sein, selbst wenn es sich bei den beobachteten Hyphen um Mykorrhizapilze handeln sollte.

Die Skala der Beobachtungsebene erzeugt allerdings Unsicherheiten in den Ergebnissen. Da trotz der hohen Variabilität der Hyphendichten nur wenige Quadratmillimeter kleine Ausschnitte der Waldböden mit den angewandten Methoden untersucht werden konnten, ist nicht auszuschließen, dass Orte wichtiger Hyphenagglomerationen nicht in den untersuchten Probeflächen enthalten waren. Deshalb sollten die Ergebnisse, bevor sie auf Bestandesebene extrapoliert werden, durch weitere Untersuchungen gestützt werden. Die Aufmerksamkeit sollte sich dabei auf den B Horizont richten, in dem höhere Wurzel- und Hyphendichten herrschen und auch deutliche Grobbodenanteile vorhanden sind. Speziell die Umgebung mykorrhizierter Wurzelabschnitte könnte zu interessanten Ergebnissen führen. Unabdingbare Voraussetzung wäre allerdings eine automatisierte Hyphenerkennung, denn nur damit ließen sich großflächig Daten von Bodenanschliffen erheben.