Freiburger Bodenkundliche Abhandlungen
Schriftenreihe des Institut für Bodenkunde und Waldernährungslehre der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br. Schriftleitung: F. Hädrich Heft 24 Klaus von Wilpert Die Jahrringstruktur von Fichten in Abhängigkeit vom Bodenwasserhaushalt auf Pseudogley und Parabraunerde Ein Methodenkozept zur Erfassung standortssezifischer Wasserstreßdisposition Freiburg im Breisgau 1990 ISSN 0344-2691
Zusammenfassung:
Ziel der Untersuchung In der Forstwissenschaft wird seit langem versucht, den Zusammenhang zwischen Zuwachs, d.h. der Jahrringbreite und Umweltfaktoren zu klären. Unstrittig ist, daß der Wasserhaushalt von Bäumen deren Zuwachs entscheidend steuert. Da die Jahrringbreite aber von vielen Faktoren abhängig ist und über einen großen Zeitraum integriert, ist anhand dieses Merkmals der Zusammenhang zwischen Wachstum und Wasserhaushalt nur sehr unscharf darstellbar. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, Merkmale zu finden, die es erlauben, Wasserhaushaltsschwankungen innerhalb des Vegetationszeitablaufes mit hoher Auflösung nachzuzeichnen. Neben der qualitativen Interpretation dieser Merkmale sollen quantitative Aussagen bezüglich der Wasserstreßintensität möglich werden. Außerdem sollen die Interpretationen der Jahrringstruktur prognosefähig sein, damit" sowohl zeitlich zurückliegende als auch zukünftige Ereignisse modellhaft darstellbar sind. Material und Methoden Die Untersuchung wurde an Einzelbäumen durchgeführt. Die Bäume waren ca. 40-jährig und ca. 25 m hoch. Es wurden Bäume auf Pseudogley und auf Parabraunerde, zwei vom Wasserhaushalt her sehr unterschiedliche Standorte, untersucht. Der Vergleich zwischen Wasserhaushalt und Jahrringstruktur wurde für den Zeitraum zwischen 1976 und 1985 durchgeführt. Das Projekt wurde in drei Schritte methodisch untergliedert: - Modellierung des Bodenwasserhaushalts Um die Jahrringstruktur zurückliegender Vegetationsperioden untersuchen zu können, wurde die Wasserhaushaltssituation über ein Simulationsmodell erfasst. Durch die Simulation des Wasserhaushaltes war es möglich, Zeiträume in die Betrachtung einzubeziehen, die nicht mit direkten Wasserhaushaltsmessungen belegt sind. Eingangsgrößen für die Simulation waren die vom Deutschen Wetterdienst verfügbaren Wetterdaten (Tageswerte). Durch den Vergleich wöchentlich gemessener Matrixpotentialwerte des Bodenwassers im Wurzelraum der beobachteten Bäume innerhalb eines Eichzeitraumes (1985/86) mit den entsprechenden Simulationswerten wurde ein für landwirtschaftliche Kulturen entwickeltes Boden-Wasserhaushaltsmodell an die unter den Fichten der Untersuchung gegebenen Verhältnisse angepaßt. Der wichtigste Anpassungsschritt war die Erarbeitung einer genauen Beschreibung der Interzeption im Kronenbereich der Probebäume. Das Modell wurde durch die Iteration von Vegetationscharakteristika wie z. B. die für jede Pflanzenart typische Relation zwischen potentieller und aktueller Transpiration, geeicht. - Messung von aktuellem Wasserstreß am Baum Zur Beobachtung von aktuellem Wasserstreß während der Eichperiode wurden Merkmale gewählt, die den Wasserzustand der Beobachtungsbäume wiedergeben. Indirekt wurde die Hydratur der Bäume durch kontinuierlich mitgeschriebene Durchmesseränderungen der Stämme erfasst, direkt wurde der Wasserzustand durch das Xylemwasserpotential gemessen. Mit diesen Meßwerten war eine gute Einschätzung der aktuellen Wasserstreßsituation der Bäume in Abhängigkeit vom Bodenwasserhaushalt möglich. - Auswertung der holzanatomischen Jahrringstruktur Zur Beobachtung zurückliegender Streßreaktionen wurde die Abfolge radialer Tra-cheidendimensionen innerhalb der ausgewerteten 10 Jahrringe herangezogen. Diese hängen mit dem aktuellen Turgorzustand während der relativ kurzen Bildungsphase der Tracheiden sehr eng zusammen. Durch die Kürze der Ausdifferenzierungszeit von Tracheiden war zu erwarten, daß diese Merkmale die Beobachtung von Reaktionen auf Wasserhaushaltsschwankungen in hoher zeitlicher Auflösung ermöglichen und damit die direkte Verknüpfung von Wasserhaushaltssituationen und Jahrringstrukturmerkmalen innerhalb eines Jahrringes möglich ist. Eine sinnvolle Parallelisierung der beobachteten oder simulierten Wasserhaushaltssituationen mit den gemessenen Abläufen der Tracheidendimensionen ist nur möglich, wenn beide Zeitreihen auf die gleiche Zeitachse bezogen werden. Um den Zeitbezug von Zelldurchmesser-Zeitreihen zu erarbeiten, wurden die ökologischen Bedingungen parametrisiert, die den Beginn und das Ende der Vegetationszeit steuern. Beginn und Ende der Vegetationszeit konnten in Abhängigkeit von der Lufttemperatur, der Bodentrockenheit und der Tageslänge hinreichend genau beschrieben werden. Nach der Parallelisierung der Wasserhaushalts- und Tracheidendurchmesserzeitreihen konnte der Zusammenhang zwischen Tracheidendurchmesser und Wasserhaushalt auf regressionsanalytischem Wege beschrieben werden. Ergebnisse Die regressionsanalytische Beschreibung des Zusammenhanges zwischen Wasserhaushalt und Tracheidendimensionen war mit hoher statistischer Sicherheit möglich. Es waren geringe Unterschiede zwischen den beiden untersuchten Standorten zu beobachten. Auf der wechselfeuchten Standort tritt Wasserstreß und damit eine Reduktion der Tracheidendurchmesser erst bei einer stärkeren Austrocknung des Oberbodens ein als bei der normal wasserversorgten Parabraunerde-Variante. Extrem hohe Wasserstreßintensitäten sind jedoch auf Pseudogley häufiger. Die Beziehungen zwischen Bodenwasser-Potential und Xylemwasserpotential, sowie zwischen Xylemwasserpotential und Zelldurchmessern konnten an dem bearbeiteten Material abgeleitet werden. Damit war die streßphysiologische Bewertung der Zelldurchmesser möglich, Die Häufigkeitsverteilung von Zelldurchmessern kann als Häufigkeitsverteilung von Wasserstreßintensitäten interpretiert werden. Damit ist eine Einschätzung des Wasserstreßrisikos möglich. Auf der untersuchten wechselfeuchten Standortsvariante ist gegenüber der normal versorgten Variante das Risiko letaler Schädigung durch Wasserstreß geringfügig höher. Ausblick Durch den Einsatz und die Anpassung eines Wasserhaushalts-Simulationsmodelles an Waldverhältnisse wurde die Möglichkeit geschaffen, die Wasserhaushaltssituation der betrachteten Baumart Fichte auf den beiden Untersuchungsstandorten unter der Annahme veränderter Klimabedingungen (z.B.Klimaerwärmung) zu simulieren. Die in der Untersuchung abgeleitete,sehr straffe Beziehung zwischen Tracheidendurchmessern und Wasserhaushaltszuständen zeigt, daß die Tracheidendurchmesser als "Streßmonitormerkmale" tauglich sind. Die erarbeiteten Zusammenhänge erlauben damit die Prognose von Veränderungen des standortsspezifischen Wasserstreßrisikos im Sinne eines Frühwarnsystems.
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